Geschichte

Am 13. März 1889 wandte sich der Lückendorfer Pfarrer und Geschichtsforscher Oskar Sauppe (1844-1928) in einem Rundschreiben an 30 Freunde der Zittauer Geschichte mit der Frage, ob es sinnvoll und möglich sei, eine Vereinigung zu gründen mit der Aufgabe, die Erforschung der Regionalgeschichte voranzutreiben und das Zittauer Altertumsmuseum in geeigneter Weise zu fördern und zu unterstützen. Nachdem er auf seine Anfrage eine breite Zustimmung erfuhr, kam es am 29. April 1889 zur Gründung der Gesellschaft für Zittauer Geschichte, deren Vorsitz für das laufende Kalenderjahr der Stadtrat Korschelt übernahm. Danach hatte diese Funktion 35 Jahre lang bis Ende März 1924 der Stadtrat und spätere Bürgermeister Adolf Hermann Mietzsch (1850-1934) inne. Die personelle Verbindung zwischen der Gesellschaft und der Stadtverwaltung beeinflusste in positiver Weise die Arbeitsmöglichkeiten der Geschichtsfreunde.

Die Mitglieder der Gesellschaft für Zittauer Geschichte, die vorwiegend aus den wohlhabenderen Schichten stammten, waren größtenteils Lehrer, Pfarrer, städtische Beamte, Kaufleute, Fabrikbesitzer, Rechtsanwälte und Ärzte.

Die inhaltliche Tätigkeit der Gesellschaft war vielfältig. Neben der eigentlichen Geschichtsforschung fanden vielerlei Vorträge mit Themen zur Regionalgeschichte statt und es wurden Studienausflüge zu historischen Denkmalen, in öffentliche Museen oder private Sammlungen organisiert.

Viele Strassennamen in Zittau mit Bezug zur Stadtgeschichte wie Just-, Dornspach-, Carpzov-, Guben- oder Pescheckstrasse sind der Anregung der Gesellschaft für Zittauer Geschichte zu verdanken. Zur Erinnerung an die Ursprünge der Stadt stiftete sie 1894 auf dem Burgberg einen Denkstein mit der Inschrift "Hier entstand Zittau".

AusstellungEin besonderer Höhepunkt in der Arbeit der Gesellschaft war die im Sommer 1901 stattfindende Altertumsausstellung im Bürgersaal des Zittauer Rathauses, wo rund 1000 aus der
Region stammende historische und künstlerische Exponate, unter anderem das Große Zittauer Fastentuch von 1472, bestaunt werden konnten.

In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg war Theodor Maximilian Bernhard Bruhns (1872-1915), Lehrer am Realgymnasium, die anregendste und aktivste Kraft innerhalb der Gesellschaft für Zittauer Geschichte. Neben vielen anderen Ämtern hatte er die Funktion des geschäftsführenden Vorsitzenden der Gesellschaft inne. Er rief die Zittauer Geschichtsblätter ins Leben, die am 16. Februar 1910 erstmalig erschienen und neben den seit 1900 erscheinenden Mitteilungen der Gesellschaft für Zittauer Geschichte ein wichtiges Publikationsorgan wurden. 
Bruhns gründete am 21. September 1910 den Zittauer Museumsverein, der insbesondere die Aufgabe hatte, für die in städtischem Besitz befindlichen Exponate geeignete Räumlichkeiten zu schaffen. Im Verein arbeiteten insbesondere die Lehrer der höheren Schulen aktiv mit. Der Erste Weltkrieg, in dem Bruhns 1915 fiel, warf das geistige Leben in der Gesellschaft und im Museumsverein weit zurück. Schon 1913 wurden die Mitteilungen der Gesellschaft für Zittauer Geschichte eingestellt, die vorerst letzte Nummer der Zittauer Geschichtsblätter erschien 1914.

Eine Verbesserung der Situation trat ein, als der Stadtrat das Museum übernahm und Reinhard Müller im April 1920 als erstem hauptamtlichem Museumskustos die Sorge für die Sammlungen übertrug. Er übernahm auch die Funktion des geschäftsführenden Vorsitzenden der Gesellschaft und seine langjährige Tätigkeit erwies sich als sehr fruchtbar.

Am 10. Dezember 1924  erfolgte der Zusammenschluss der Gesellschaft für Zittauer Geschichte und des Zittauer Museumsvereins zum Zittauer Geschichts- und Museumsverein, um Mehrgleisigkeiten bei der Erforschung der Regionalgeschichte und der Pflege der städtischen Sammlungen zu vermeiden und die Arbeit zu optimieren.
HeftAb 1925 konnten die traditionsreichen Zittauer Geschichtsblätter wieder erscheinen und seit 1927 wurden die Mitteilungen des Zittauer Geschichts- und Museumsvereins herausgegeben. Finanzielle Zuwendungen von Zittauer Fabrikanten (namentlich genannt sei hier A. Zücker) halfen dem Verein, seine Publikationsvorhaben zu verwirklichen. Das wissenschaftliche Niveau  der vielfältigen Veröffentlichungen des Vereins in den Geschichtsblättern und Mitteilungen erhöhte sich zunehmend, was sich nicht zuletzt in der Nachfrage von Bibliotheken und anderen wissenschaftlichen Institutionen widerspiegelte. So wurden 1935/36 die Schriften des Vereins an 61 Institutionen und Vereine weitergegeben. 1930 übernahm Ernst Alwin Seeliger die Funktion des geschäftsführenden Vorsitzenden, ihm folgten 1931 Walter Häntschel, 1939 Joachim Prochno und Ernst Alwin Seeliger und 1941 Paul Heppner.

Insbesondere in den 1930er Jahren widmete sich der Verein verstärkt der Sammlung und Pflege der heimischen Altertümer, insbesondere zugunsten des Zittauer Stadtmuseums. Durch finanzielle Zuwendungen des Vereins konnte eine Vielzahl von Exponaten für das Museum angekauft werden. Als Organisationstalent tat sich hier insbesondere der Rechtsanwalt, Literat und Kunstsammler Franz Ulrich Apelt (1882-1944) hervor, der nach seinem Tod einen bedeutenden Teil seiner Privatsammlung dem Zittauer Museum vermachte. Mit dem Zweiten Weltkrieg kam das vorläufige Ende des Zittauer Geschichts- und Museumsvereins. Die letzte Ausgabe der Zittauer Geschichtsblätter erschien 1941, der letzte Band der Mitteilungen 1944.

Nach fast 50 Jahren Pause konstituierte sich am 1. Juli 1992 der Zittauer Geschichts- und Museumsverein neu. Seine Hauptaufgaben sind vor allem, wie bereits die des alten Vereins, die Förderung und Unterstützung der Städtischen Museen Zittau sowie die Erforschung der Geschichte der Stadt und des Zittauer Landes. Die Zittauer Geschichtsblätter gibt der Verein seit 1993 wieder heraus und seit 1995 erscheinen auch wieder die Mitteilungen des Zittauer Geschichts- und Museumsvereins. Die Publikationen haben mittlerweile eine bedeutende wissenschaftliche Qualität erreicht, was sich nicht zuletzt in den Anfragen von Museen, Bibliotheken, Universitäten und anderen Institutionen widerspiegelt.

BuchDie vom Verein gemeinsam mit den Städtischen Museen Zittau organisierte Vortragsreihe sowie die vom Verein durchgeführten Exkursionen werden nicht nur von den Vereinsmitgliedern, sondern auch von der Öffentlichkeit gut angenommen.
Im Jahre 1993 konnte der Verein gemeinsam mit den Städtischen Museen das Jubiläum "725 Jahre Franziskanerkloster" begehen, aus dem das etwa 15 Jahre lang stattfindende Klosterfest und der Zittauer Klostersommer hervorgingen, wo von Museen und Verein die unterschiedlichsten Veranstaltungen angeboten wurden und werden.
Der Zittauer Geschichts- und Museumsverein konnte die Städtischen Museen Zittau auch verschiedentlich bei der Vorbereitung der ständigen Ausstellung des Großen Zittauer Fastentuches von 1472 unterstützen, die 1999 feierlich eröffnet werden konnte. Im Jahr 2002 gestaltete der Zittauer Geschichts- und Museumsverein als Begleitung zu der großen Ausstellung "Welt-Macht Geist. Das Haus Habsburg und die Oberlausitz 1526-1635", die in den Städtischen Museen Zittau stattfand, den Wettbewerb "Auf den Spuren der Habsburger in unserer Region", bei dem Jugendliche aus Polen, Tschechien, Ungarn, Österreich und Deutschland beteiligt waren.

Ebenfalls im Jahr 2002 zeigte der Verein in den Räumen der Sparkasse in Zittau seine Ausstellung "Oswald Jarisch. Ein Zittauer Maler und Insektenfotograf" und begann damit eine Projektreihe, in der in den folgenden Jahren, und das bis heute, das Leben und Wirken verdienstvoller, aber beinahe vergessener Zittauer Persönlichkeiten untersucht wurde und wird. Die dazu publizierten Forschungsergebnisse rücken diese Menschen, die viel für die Stadt Zittau getan haben, wieder mehr in den Blick der Öffentlichkeit.

Im Jahre 2004 wurde der Zittauer Geschichts- und Museumsverein 80 Jahre alt und feierte dieses Jubiläum mit der Ausrichtung der Ausstellung "Kunstgenuss. Ostsächsische Malerei und Grafik 1900 - 1980", in der in den Städtischen Museen Zittau Kunstwerke aus Oberlausitzer Privatbesitz gezeigt wurden.

In den vergangenen Jahren füllten Vereinsmitglieder eine ganze Reihe weißer Flecken der Stadtgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts mit Farbe, indem sie in Einzelprojekten verschiedene Aspekte der Stadtgeschichte erforschten und publizierten. Beispielhaft zu nennen ist hier die Geschichte der Zittauer Glasmalerei in der Zeit von 1865 bis 1964, eines Kunsthandwerkszweiges, dessen Erzeugnisse von Zittau aus über ganz Deutschland, und darüber hinaus, Verbreitung fanden. Oder auch die Untersuchungen zur Geschichte der Zittauer Atelierfotografie der Zeit von 1853 bis 2012, bei denen die forschenden Vereinsmitglieder Neuland betraten. Mit diesen Einzeluntersuchungen wurden und werden Bausteine geliefert für eine umfassende Geschichte der Stadt Zittau des 19. und 20. Jahrhunderts, die in Fortführung des zweibändigen Handbuches der Geschichte von Zittau von Christian Adolph Pescheck aus den Jahren 1834/1837 noch zu schreiben sein wird.

Im Jahre 2013 stellte der Zittauer Geschichts- und Museumsverein sein besonderes Engagement im Bereich der bildenden Kunst unter Beweis, indem er in Kooperation mit dem Oberlausitzer Kunstverein die Ausstellung "Unterwegs mit Artur Henne (1887-1963). Grafik und Malerei" gestaltete, die in der Galerie Kunstlade zu sehen war. Im gleichen Jahr zeigte der Verein in Zusammenarbeit mit der Christian-Weise-Bibliothek Zittau in deren Räumen zwei Vitrinenausstellungen: "Exlibris und Kleingrafik von Artur Henne" und eine Ausstellung zum in Zittau geborenen Schriftsteller und Radiopionier Ernst Schnabel (1913-1986).

Schon seit einigen Jahren pflegt der Zittauer Geschichts- und Museumsverein Kontakte zur und die Zusammenarbeit mit der Bractwo Ziemi Bogatynskiej (Bruderschaft des Bogatyniaer Landes), dem Heimat- und Geschichtsverein im polnischen Bogatynia.

Eine sehr enge und gute Zusammenarbeit verbindet den Zittauer Geschichts- und Museumsverein mit den Städtischen Museen Zittau, die er nach Kräften unterstützt und zu deren Sammlungsbestand er schon so manches beisteuern konnte. Im Jahr 2014 feierten die Sammlungen der Stadt Zittau ihr 450-jähriges Bestehen und der Zittauer Geschichts- und Museumsverein seinen 90. Geburtstag. Städtische Museen und Verein begingen diese Jubiläen gemeinsam, insbesondere mit einem aufwändigen zweietappigen Ausstellungsprojekt zum Thema Sammeln, in dem sowohl Privatsammler der Region Gelegenheit hatten, ihre Raritäten zu zeigen, in dem aber auch viele Schenkungen an die Zittauer Sammlungen zu sehen waren und hier somit auch ein großes Stück Sammlungsgeschichte offengelegt wurde. Museen und Verein demonstrierten hier ein Mal mehr ihre enge Verbindung und fruchtbare Zusammenarbeit in Vergangenheit und Gegenwart und bekräftigten so auch ihren Wunsch für ein gemeinsames Fortschreiten in der Zukunft.     

Zittau, im März 2016
Steffen Gärtner